Hallo Matthias,
Post by Matthias FreyIch meine: EN-3 hingelegt ==> Eigenständiger Taucher. Darf machen
wie er will. Da zertifiziert, hat die Basis mit ihm kein
rechtliches Problem wenn was passiert.
Ich bin da nicht ganz so euphorisch wie Du. ;-) Das gilt nämlich schon
heute: Du legst ein Kärtchen (egal, welches) über den Tresen einer
Basis, unterschreibst die übliche Erklärung, dass Du *alles*, was Du im
Rahmen der Tauchaktivitäten mit der Basis machst, ausschließlich auf
Dein eigene Verantwortung tust, entbindest die Basis damit expressis
verbis von allen zivilrechtlichen Folgen (es sei denn jene, die auf
grobe Fahrlässigkeit der Basis zurückgehen), und, was ist? Man darf
trotzdem nicht autonom tauchen sondern bekommt immer noch den lieben,
gut gelaunten PAID-Anweiser mit seinen 150 TG "Erfahrung" an die Hand
damit der einen sicher durch's Wasser führe.
Und genau so wird es dann bei Stufe EN-3 sein: "Ach so, ja, tolles
Kärtchen! Uuuuiiiih, eine Europa-Norm? Klasse, aber unterschreib' gerade
das mal hier!" ;-))
Das Problem ist nämlich gar nicht mit der Ausbildungsstufe verknüpft,
sondern mit dem Basenpersonal und den Betreibern in ihrer
Leithammelfunktion selbst. Da dort heute aber auch fast nur PAID-Taucher
sitzen, die ihren Job gerne richtig machen (auch ohne "DIR" ;-))) und
daher 150%ig auf die "Standards" setzen (und die heißen in dem Falle
halt auch: "Wir scheren hier alle über einen Kamm, weil's sooo schön
einfach ist") kann die Norm für die Ausbildung noch so gut sein (und sie
liest sich ja für Stufe 3 ja wirklich nicht schlecht!), es bleibt alles
beim alten.
Wenn die Basenmuftis nämlich Angst vor der eigenen Courage haben (weil
sie sich selbst freyes Tauchen überhaupt nicht zutrauen), dann kann der
Taucher noch so gut zertifiziert (und hoffentlich auch ausgebildet und
kompetent sein) wie er will, er landet trotzdem in der Schublade
"Tauchgast. Muss entmündigt werden. Bumm. Stempel drauf."
Im Grunde wird das genau so ablaufen, wie wenn Du heute auf der Basis
"Sunshine Divers Safaga" ein CMAS***-Brevet vorlegst. Es gelten auf den
Basen die gleichen Einschränkungen wie für einen PAID-OWD, als da sind:
Keine Deko-TG (obwohl der ***-Taucher im Dekotauchen ausgebildet ist),
keine TG über 30 oder 40 m (obwohl er anspruchsvolle TG durchführen und
planen musste in der Ausbildung) etc. Auf der Rotmeerbasis wo wir
letztens rausgeflogen sind, hieß es nämlich, dass man Deko-TG nur machen
dürfe, wenn man vorher ein "Tech"-Kärtchen gekauft hatte. Der
TEchschwachsinn ist aber in der Norm gar nicht enthalten.
Dass Du ein EN-3-Zertifikat vorlegen kannst, hat im Umkehrschluss ja
nicht zur Folge, dass Du damit der Basis gegenüber einen Rechtsanspruch
begründest, fortan nach eigenem Gusto tauchen zu dürfen.
Ich bin mir also sehr sicher, dass sich an solch fargwürdiger Praxis
nicht viel ändern wird. Und an anderen Orten, wo man ohne Basis taucht,
ist es Gott sei Dank ziemlich egal, ob jemand überhaupt ein Brevet
hat. Oder noch anders wie in Malta, ein bestimmtes Brevet aufgrund
gesetzlicher Regeln vorzulegen ist. Das geht aber auch schon heute mit
den existierenden Kärtchen, wobei man hier natürlich die Anforderungen
erhöhen könnte. In Malta also statt AOWD als Mindestanforderung für's
eigenverantwortliche Tauchen den EN-3-Diver.
Post by Matthias FreyWenn ich als angenommener -3 z.B. mit Leon tauche oder einem anderen
tiefergelegten nach -3 zertifizierten, und ich nipple ab, dann kann
m.E. dem anderen dafür nicht (mehr) die Verantwortung aufgelegt werden
- außer dem üblichen mit ev. unterlassener Hilfeleistung etc. Aber das
rechtliche Gesülze, daß der Erfahrenere hätte wissen müssen, kann dann
wohl (hoffentlich) nicht mehr greifen.
Wenn sich Kollege Leon B. aus W. oder Du abschießen (was ich persönlich
für eher unwahrscheinlich halte),wird das Verhalten des Überlebenden
heute aufgrund der Garantenstellung, die er seinem Partner gegenüber
einnimmt, beurteilt werden. Es wird also im Einzelfalle immer
nachgefragt werden, wer was taucherisch konnte und ob es ihm zumutbar,
möglich etc. war eine bestimmte Handlung vorzunehmen oder ob er als
denkender Mensch die Einsicht hätte haben müssen, ein andere Handlung zu
unterlassen.
Das ist für Euer heutiges Brevet (CMAS***) nicht ander als für EN-3.
Heute habt ihr CMAS*** und -zig TG (seid also erfahrene Taucher) und bei
EN-3 gilt ein Taucher auch als erfahren und hoch ausgebildet (zumindest
vor der Beurteilung des Richters, wie ich hoffe, die Basen werden
derartige Vernunft wohl vermissen lassen). Wenn zwei Taucher der
höchsten Kompetenzstufe zusammen tauchen ist es eigentlich unwichtig,
auf welcher Norm ihre Zertifizierung beruhte. Ein vom Gericht bestellter
Gutachter wird immer darlegen, dass man diesen Personen
eigenverantwortliches Tauchen zutrauen konnte.
Auch in diesem Bezug wird sich ergo nicht viel ändern. Höchstens, dass
man in Einzelfällen einem EN-3 vorwerfen wird, mit einem EN-1 in
unverantwortlicher Weise getaucht zu sein, und ihm für sein
Fehlverhalten straf- oder zivilrechtliche Konsequenzen auferlegen wird.
Das ist genau die gleiche Vorgehensweise, wie wenn ich heute mit einem
frisch gebackenen OWD im Bodensee auf 50+ Meter tauche und der gute
Junge oder das Mädel Panik bekommt und den "weder schwimmenden noch
irgendwie kontrollierbaren Notaufstieg" einleitet und diesen mit lautem
"Plopp" an der Oberfläche beendet. ;-)
Noch mal zu dem Entwurf der Norm: Mir gefällt, dass im Durchlaufen der
Ausbildungsstufen genau definiert ist, wie wichtig die gesammelte
Taucherfahrung zwischen den Stufen ist und das er darlegt, welchen
Inhalten eine Tauchausbildung auf der höchsten Kompetenzstufe zu folgen
hat. Allerdings würde ich mir noch mehr TG zwischen den einzelnen
Zertifizierungen wünschen. Die Sufen 1 und 2 sind dagegen echte
Pillepalle, hier wird PADI wohl nach wie vor die meisten
Zertifizierungen anbieten.
vg
--
Peter
PAID-IQ-DIR-Master-Staff-Scuba-Director-Course-Instructor-Trainer #081506
http://www.peter-rachow.de